Auf dem Hinweg war dieses Kribbeln wieder da, diese kindliche Vorfreude auf eine neue Saison. Das naive Vertrauen darauf, dass alles besser werden würde. Die Zweifel waren natürlich nicht alle plötzlich weg. Sie versteckten sich kurz, als in der S-Bahn die ersten gleichgesinnten auftauchten und zumindest daher dieses warme Gefühl eines Wir entstand.
Ich habe auch angefangen, über Fink nachzudenken, denn ich hatte den Eindruck, der HSV hätte auch nicht gewusst, wie zum Geier sie wohl ein Tor erzielen sollten, selbst wenn der Gegner für eine Minute stillgestanden hätte. Es war schon seltsam: In der Abwehr wurden gar nicht so große Fehler gemacht, nichts überragendes geleistet, aber das war auch nicht unbedingt nötig. Einzig Adler musste einige Male blitzschnell und abgebrüht hinlangen, das war sehenswert. Selbst Mancienne war nicht so übel. Bis er irgendwann anfing, Scheiße zu bauen. Und zwar tüchtig. Er produzierte plötzlich Fehlpässe, dass es einem den Atem verschlug.
Im Mittelfeld hatte man das Gefühl, jeder wollte bloß schnell nichts mehr mit irgendeiner Art Verantwortung zu tun haben. Als ich einmal dachte, der Skjelbred würde ja gar nicht so viele Fehler machen wie in der Vorsaison und halbwegs zufrieden war mit der Art, wie er einige Bälle abgrätschte, fiel mir auf, dass er der offensive Part war. Von ihm sollte das Hamburger Angriffsspiel gesteuert werden. Damit, soviel war schnell klar, war er dermaßen überfordert, dass es mir gar nicht als seine Aufgabe aufgefallen war.
Oder war das die Aufgabe von Sala? Von ihm fiel mir am meisten auf, wie schlecht er war. Er schien nicht nur überfordert mit den ihm übertragenen Aufgaben, er schien auf diese Überforderung auch zunehmend patzig zu reagieren. So als wollte er mit einer schmolligen Spielweise zum Ausdruck bringen, er könne aus irgendeinem Grund auch nichts dafür, dass hier nichts zusammenlief. Ich kenne sowas aus dem Büro. Diese Leute kapitulieren und werden patzig. Schlimm ist das. Schlimm für den Vorgesetzten und schlimm für alle Kollegen. So spielte und verhielt sich Sala. Wie ein überhebliches, patziges Kind. Und das im ersten Saisonspiel. Unfassbar.
Jansen machte seine Sache ein bisschen besser, ihm sah man von allen Feldspielern am ehesten an, dass er was reißen wollte. Dass er weiß, dass er über beschränkte Mittel verfügt, aber dafür umso mehr will. Das bringt bei ihm selten etwas spielentscheidendes, aber immerhin.
Vorne Son und Berg. Gruselig. Als wäre Fußball ein weitgehend körperloser Sport kippten sie bei jeder Art Gegenwehr um, ließen sich Abdrängen wie Fünftklässler auf dem Weg zum Kiosk – und Berg beschwerte sich auch noch die ganze Zeit. Er beschwerte sich glaube ich länger über nicht gegebene Freistöße als er aktiv am Offensivspiel des HSV beteiligt gewesen wäre. Gruselig.
Warum bringt Fink dann Tesche und nicht gleich Beister- hat niemand verstanden? Warum wusste niemand, was er tun sollte im Spiel nach vorne? Werden Jiracek und Badelj die Misstände beheben? Wenigstens die wesentlichsten?
Ich verliere eigentlich nie den Mut, an den HSV zu glauben, aber ich bin jetzt gerade ziemlich mutlos.
Ich weiß, dass irgendwann wieder bessere Zeiten kommen werden, aber momentan fehlt mir fast schon die Fantasie, mir auszumalen, wie der Weg in diese besseren Zeiten eigentlich aussehen könnte.
Tolle Perspektive nach dem ersten Spieltag.
Ich möchte sagen, dass ich mich nicht von irgendeinem negativen Umfeld negativ einstellen lasse. Ich bin seeliger Optimist und leidenschaftlicher Anfeuerer, egal was im Stadionbus an unflätigen Aussagen fällt (und es fallen Aussagen, gleich Reihenweise, die mich fragen lassen, was diese Menschen überhaupt beim HSV wollen – die reden, als wäre das ein unflätiger und nichtsnütziger Mitarbeiter, als hätten sie einen erbrechtlich verbrieften Anspruch auf Erfolg und Unterhaltung, diese Deppen); Ich hatte einfach in der Sommerpause das Spiel gegen Barcelona gesehen und war zum Schluss gekommen, dass spielerisch einfach nichts geht mit den Leuten, die da auf dem Platz standen. Das wurde im Spiel gegen Nürnberg noch einmal eindrücklich bewiesen. Nach dem Spiel wissen wir, dass wirklich alles (fast alles, Adler) besser werden muss.